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Die Kunst der Selbstbewahrung in stressigen Umgebungen
Employee Experience & Wohlbefinden

Die Kunst der Selbstbewahrung in stressigen Umgebungen

2025/06/11
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7 min Lesezeit
INHALT

Es ist 17:30 Uhr an einem langen Arbeitstag. Ein paar kleine To-dos stehen noch an, aber das Ende ist in Sicht. Da erscheint eine neue E-Mail vom Vorgesetzten mit der Betreffzeile „Dringend: Hilfe bei Investor Pitch". Obwohl der Kopf bereits müde ist und der Körper nach einer Pause verlangt, lautet die automatische Antwort: „Klar, das tue ich gerne“ Dieser Moment, in dem wir unsere eigenen Grenzen übergehen, um eine weitere Erwartung zu erfüllen, ist der Ausgangspunkt für chronischen Stress und Burnout.

Dieses Verhalten wird oft fälschlicherweise als Engagement oder Leistungsbereitschaft interpretiert. In Wahrheit ist es ein Versagen des Selbstschutzes – der bewussten Entscheidung, das eigene Wohlbefinden zu priorisieren. In der heutigen Arbeitswelt ist diese Fähigkeit zur Selbstbewahrung keine Soft-Skill-Kür mehr, sondern eine strategische Notwendigkeit für langfristige Gesundheit und Leistungsfähigkeit.

Die neue Normalität: Stress als ständiger Begleiter

Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen zusehends. Digitalisierung, hybride Arbeitsmodelle und eine Kultur der ständigen Erreichbarkeit haben dazu geführt, dass zwei von drei Menschen in Deutschland sich manchmal oder häufig gestresst fühlen. Die Folgen sind messbar: Laut einer Studie der TK (2021) leiden häufig gestresste Menschen deutlich öfter unter Erschöpfung, Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Migräne sowie Niedergeschlagenheit und Depression. 

Stressbewältigung ist damit nicht mehr nur eine individuelle Aufgabe, sondern eine organisationale Herausforderung. Unternehmen und Führungskräfte, die eine Kultur fördern, in der Selbstschutz aktiv unterstützt wird, investieren direkt in die Resilienz und Produktivität ihrer Teams.

Konkrete Strategien zur Selbstbewahrung im Arbeitsalltag

Selbstbewahrung ist eine aktive Praxis, die erlernt und trainiert werden kann. Es geht darum, bewusste Entscheidungen zu treffen, die das eigene Energielevel schützen, anstatt sich von äußeren Anforderungen fremdsteuern zu lassen. Die folgenden Strategien sind dabei besonders wirksam:

1. Grenzen bewusst definieren und kommunizieren:
Grenzen setzen beginnt nicht erst mit dem Wort „Nein“. Es beginnt mit der proaktiven Definition dessen, was für das eigene Wohlbefinden notwendig ist. Das können klare Zeitfenster sein („Ich stehe zwischen 12 und 13 Uhr nicht für Meetings zur Verfügung“) oder Regeln zur Erreichbarkeit („Ich lese nach 19 Uhr keine Arbeits-E-Mails mehr“). Entscheidend ist, diese Grenzen klar, ruhig und ohne Schuldgefühle zu kommunizieren. Es ist kein Akt der Abweisung, sondern ein Akt der Selbstachtung.

2. Die Macht des „strategischen Nein“ nutzen:
Viele High-Performer fürchten, dass ein „Nein“ als mangelndes Engagement gewertet wird. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Ein „Nein“ zu einer weniger wichtigen Aufgabe ist oft ein „Ja“ zu einer strategischen Priorität oder zur eigenen Gesundheit. Anstatt einer flachen Absage hilft eine konstruktive Formulierung. Ein Artikel der Harvard Business Review zum Thema „Die Kunst des Neinsagens“ empfiehlt alternative Formulierungen wie: „Ich kann diese Aufgabe im Moment nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit übernehmen. Können wir die Prioritäten gemeinsam neu bewerten oder eine alternative Lösung finden?“

3. Energieräuber identifizieren und managen:
Führen Sie ein persönliches „Energie-Audit“ durch. Welche Aufgaben, Meetings oder Interaktionen geben Ihnen Energie und welche rauben sie Ihnen? Sobald Sie diese Muster erkennen, können Sie gezielte Strategien entwickeln. Können energieraubende Routineaufgaben automatisiert oder delegiert werden? Kann die Dauer von ineffizienten Meetings verkürzt oder deren Notwendigkeit hinterfragt werden? Der bewusste Umgang mit der eigenen Energie ist eine der effektivsten Formen des Selbstschutzes.

4. Mikropausen und Erholungsrituale etablieren:
Unser Gehirn ist nicht für acht Stunden ununterbrochenen Fokus ausgelegt. Studien zeigen, dass schon kurze Pausen von wenigen Minuten die Konzentration und Produktivität erheblich steigern können. Stehen Sie auf, strecken Sie sich, schauen Sie aus dem Fenster. Ebenso wichtig sind Rituale zum Abschluss des Arbeitstages – das bewusste Schließen des Laptops, ein kurzer Spaziergang oder das Aufschreiben der wichtigsten Aufgaben für den nächsten Tag, um den Kopf freizubekommen.

Wie Coaching die Fähigkeit zum Selbstschutz stärkt

Zu wissen, dass man Grenzen setzen sollte, ist eine Sache. Es in einer fordernden Unternehmenskultur tatsächlich zu tun, eine andere. Hier setzt Coaching an, denn es arbeitet an den tieferliegenden Ursachen, die uns daran hindern, für uns selbst einzustehen.

  • Aufdecken hinderlicher Glaubenssätze: Ein Coach hilft dabei, die inneren Überzeugungen zu identifizieren, die zu selbstschädigendem Verhalten führen. Sätze wie „Ich muss immer alles schaffen“ oder „Wenn ich Nein sage, enttäusche ich andere“ können im Coaching hinterfragt und durch realistischere, stärkende Überzeugungen ersetzt werden.
  • Stärkung des Selbstwerts: Coaching unterstützt dabei, den eigenen Wert von der reinen Leistungsfähigkeit zu entkoppeln. Dies ist die Grundlage, um Grenzen ohne Schuldgefühle setzen zu können.
  • Einüben neuer Verhaltensweisen: Der vertrauliche Coaching-Raum ist das ideale Trainingsfeld, um neue Kommunikationsstrategien zu erproben. Das „Nein-Sagen“ kann hier so lange geübt werden, bis es sich authentisch und sicher anfühlt. Eine Studie zur Effektivität von Coaching bei der Stressreduktion zeigt, dass solche Interventionen nachweislich zu einer verbesserten Stressbewältigung und einem höheren Wohlbefinden führen.

Praxisbeispiel: Wie eine Teamleiterin die Notbremse zog

Frau Meyer, Leiterin eines Marketingteams, war bekannt für ihren unermüdlichen Einsatz. Sie war die Erste im Büro und die Letzte, die ging. Sie übernahm freiwillig Zusatzprojekte und war stolz darauf, immer erreichbar zu sein. Doch dieser Einsatz forderte seinen Tribut: Sie litt unter Schlafstörungen und fühlte sich permanent erschöpft.

Im Coaching wurde ihr bewusst, dass ihr Verhalten nicht auf Stärke, sondern auf der tiefen Angst beruhte, den Erwartungen nicht zu genügen. Gemeinsam mit ihrem Coach entwickelte sie einen konkreten Plan für mehr Selbstschutz:

  1. Sie definierte eine feste Feierabendzeit und kommunizierte diese an ihr Team.
  2. Sie blockte sich zwei Stunden pro Woche als „Fokuszeit“ für strategische Arbeit, in der sie nicht gestört werden durfte.
  3. Sie übte, Anfragen nicht mehr sofort mit „Ja“ zu beantworten, sondern mit „Lass mich kurz meine Prioritäten prüfen, ich komme auf dich zurück.“

Die Umstellung war anfangs schwer, doch das Ergebnis war beeindruckend. Frau Meyer war nicht nur erholter und gesünder, sondern auch eine bessere Führungskraft. Indem sie ihre eigenen Grenzen vorlebte, schuf sie in ihrem Team eine Kultur, in der ein gesunder Umgang mit Leistung zur neuen Normalität wurde.

Fazit: Selbstschutz als Schlüssel zur Spitzenleistung

Die Kunst der Selbstbewahrung ist in der modernen Arbeitswelt keine weiche Tugend, sondern eine harte Kernkompetenz. Effektive Stressbewältigung und klar definierte Grenzen sind die Voraussetzung für Kreativität, strategisches Denken und nachhaltige Leistungsfähigkeit. Wer gut für sich selbst und seine mentale Gesundheit sorgt, sorgt damit auch für den Erfolg des Unternehmens.

Wenn Sie und Ihre Führungskräfte lernen möchten, in anspruchsvollen Umgebungen gesund und leistungsfähig zu bleiben, sprechen Sie uns an. Wir bei CoachHub helfen Ihnen, die entscheidenden Strategien für einen wirksamen Selbstschutz zu entwickeln und zu verankern.

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